Vertrauen und Bindung in der Erziehung
1. Eine Situation des erschütterten Vertrauens
Kürzlich hörte ich in einem Restaurant wie ein Mann seiner Bekannten erzählte, dass sein kleines Kind sich weigere, die Zähne zu putzen. Das Unterlassen des Putzens führe aber zu Karies und das Nichtdaraufbestehen unterbreche die wichtige Konditionierung. Deshalb setzte er das Putzen brachial durch.
Wie ich dem weiteren Gespräch entnehmen konnte, fixierte der gestresste Vater das Kind so, dass es sich nicht wehren konnte und putzte so dem brüllenden Kind die Zähne. Er selber stellte fest, dass es eine sehr unschöne Szene sei und er da wirklich Gewalt anwenden müsse. Das Zähneputzen sei jeden Abend eine Schlacht. Doch er müsse konsequent sein, dann würde das Kind die Wichtigkeit des Putzes schon lernen.
Die Hilflosigkeit des Vaters war gut spürbar.
2. Bindung
Nach Gordon Neufeld (http://www.neufeldinstitut.de) sind Kinder vorrangig Bindungsgeschöpfe und komplexe Wesen in ständiger Entwicklung, deren Verhaltensweisen – so unangemessen sie uns auch manchmal erscheinen mögen – nachvollziehbaren, im Prinzip einfachen Gesetzmässigkeiten folgen. (Dagmar Neubronner, Der Neufeld-Ansatz für unsere Kinder)
Dieser zahnbesorgte Vater missachtet das Bedürfnis des Kindes nach der liebevollen körperlichen Zuwendung. Der Vater wird zum problematischen Vorbild. Die Loyalität wird arg strapaziert. Der Wille des Kindes wird gewaltsam missachtet, die Liebe in Frage gestellt und das Vertrauen brutal missbraucht.
Dieser Vater ignoriert sämtliche Prinzipien der Bindung und läuft Gefahr, das Vertrauen seines Kindes für lange Zeit oder für immer zu verlieren.
3. Lösungsvorschläge
Die Bindung ist der wichtigste Aspekt in der Beziehung zwischen Kind und Eltern und die Grundlage für alles andere. In der Erziehung sollte es darum gehen, diese Bindung zu fördern, zu erhalten und zu schützen.
Wie also hätte sich dieser Vater verhalten können, um die Bindung zu schützen und das Vertrauen des Kindes nicht zu erschüttern?
Erklärungen, warum das Zähneputzen so wichtig ist, bringen in diesem Alter nicht viel. Auch die Frage nach dem Warum der Verweigerung wird erfolglos sein.
- Wichtig ist, dass der Vater das Zähneputzen vorlebt und viele Möglichkeiten schafft, damit das Kind diesen Vorgang beobachten kann.
- Er kann dem Kind vorschlagen, dass es ihm, dem Vater, die Zähne putzen darf. Wenn dies ein lustvolles, gemeinsames Unternehmen ist, hilft es Bindung und Vertrauen aufzubauen.
- Da es fast zu jedem Lebensthema ein Bilderbuch gibt, könnte der Vater dieses Buch immer wieder mit dem Kind anschauen und während des Erzählens eine Atmosphäre der Gemütlichkeit und Gemeinsamkeit schaffen. Sollte es kein solches Buch geben, kann es mit ein paar lustigen Zeichnungen selber kreiert werden.
- Vielleicht gibt es eine Cousine, welche gerne Zähen putzt. Das gäbe ein gemeinsames Zahnputz-Happening.
- Auch sollte daran gedacht werden, dass das Kind vielleicht die Zahnpasta nicht mag oder sogar eklig findet oder Mühe hat mit den Borsten. So könnte das Verzichten auf die Zahnpasta oder das Ersetzen der Zahnbürste durch ein Wattestäbchen vorerst Abhilfe schaffen.
Dies sind nur ein paar Vorschläge, um das Zähneputzen für das Kind einfacher zu machen und die Beziehung nicht zu gefährden.
4. Schlussgeschichte
Abschliessend möchte ich noch auf die Geschichte der Familie Khris-Gattos (aus: Denn mein Leben ist Lernen von Olivier Keller) verweisen: Ihr Kind hatte im Alter von drei Jahren Läuse, weigerte sich aber, diese entfernen zu lassen. Obwohl es für die Eltern sehr schwierig war, akzeptierten sie den Willen des Kindes und respektierten sein Recht auf körperliche Selbstbestimmung. Sie stellten den Aspekt der Bindung über die Hygiene und ihren Ekel. Sie ertrugen die Läuse drei Monate lang. Dann bat der Junge die Eltern, ihm die Läuse zu entfernen.
4 Antworten
Hallo,
„Wir“ haben dereit 3 Zähne und wir putzen nun seit Wochen nicht mehr. (Es wird aber jeden Tag probiert). Sie lässt mich nicht. Gewalt möchte ich keine anwenden. Alle Tricks die im Intetnet zu finden sind, helfen nichts.
Sie nimmt die Zahnbürste liebend gern in den Mund aber sobald ich nachhelfen möchte, schreit Sie wie am Spieß, dreht sich Weg, läuft Weg, oder strampelt.
Schön langsam denk ich daran sie festzuhalten und zu einfach zu putzen. Der Plag muss weg.
Dass kann ja so nicht weitergehen.
Ich habe selbst „schlechte“ Zähne von meiner Kindheit noch. Ich wünschte meine Eltetn hätten mich dazu gezwungen..
Die Geschichte mit den Läusen ist ja ganz nett.. aber den Karies kann ich nach drei Monaten auch nicht wieder entfernen.
Ich möchte ja auch nur das beste für mein Kind… Aber was geht vor? Bindung oder lebebslange Zahngesundheit?!
Schwieriges Thema
Die Zahngesundheit hängt nicht in erster Linie vom Zähneputzen ab. Die Mundflora spielt dabei eine viel grössere Rolle. Mit einer entsprechenden Ernährung kann die Mundflora erhalten bzw. beeinflusst werden. Da gibt es gute Literatur dazu. Ein Gespräch mit einem Zahnarzt könnte ev. auch Druck wegnehmen. Von gewaltsamem Zähneputzen rate ich dringend ab.
Wir zwingen unser Kind seit einigen Wochen zum Zähne putzen. Es fühlt sich schrecklich und falsch an. Aber es funktioniert wirklich nichts von den Tipps die zu finden sind. Wir haben alles ausprobiert – über ein Jahr. Abstillen hat bisher auch nicht funktioniert – das kam mir noch gewaltvoller als das Zähne putzen vor. Stillen scheint für die Zahnärzt*innen die wir besucht haben die größte Katastrophe zu sein. Mittlerweile sind vier Zähne von Karies betroffen und diese müssen jetzt unter Vollnakose behandelt werden. Wir sind so verzweifelt. Was sollen wir bloß tun?
Vielleicht ist es weniger eine Frage der Zähne, als die der Darmgesundheit. Und da hilft Zähne putzen nicht so viel. Folgende Bücher könnten weiterhelfen: Fasten heilt von Robert Römer und nie mehr Parodontose und Karies von Case Adams.
Ein guter Arzt, der um die Zusammenhänge von Darm und Zähne weiss, könnte hilfreicher sein, als ein Zahnarzt. Ich würde auch eine homöopathische Konstitutionstherapie in Betracht ziehen.